Crazy Sydney Busses

Dass die Einwohner Sydneys im Land mit dem grössten Ozonloch nach wie vor hauptsächlich auf den Individualverkehr setzen, mag aus ökologischer Sicht verwerflich sein. Ein Selbstversuch unseres waghalsigen Australien-Sonderkorrespondenten TschuZZy Flöte zeigt jedoch die erschreckenden Missstände im System gnadenlos auf und erklärt die hiesigen Zustände.

Als eine Zumutung erweist sich beispielsweise die Tatsache, dass in den geräumigen Bussen trotz einer Vielzahl vorhandener Sitzplätze rigoros nur stehende Passagiere befördert werden. Besonders fies gegenüber älteren Leuten mit Hüftproblemen o.ä. . Die Begrenzung auf 15 Personen schränkt nicht nur die Effizienz und Kapazität des Systems empfindlich ein, sondern verunmöglicht es zudem, dass eine grössere Gruppe denselben Bus benutzen kann. Im Falle einer Schulklasse zwingt dies die bemitleidenswerte Lehrkraft dazu, die Schützlinge auf 2 Busse aufzuteilen und Gefahr zu laufen, den Eltern die Unauffindbarkeit Ihres Sohnes/Tochter erklären zu müssen.

Die Benutzerfreundlichkeit und Übersichtlichkeit
scheint eine besondere Stärke der Sydney Busses zu sein: Jeder Bus - egal ob brandneu oder kurz vor der Ausserbetriebnahme - ist mit einer Vielzahl an Überwachungskameras ausgestattet, dessen Live-Bilder auf den topmodernen LCD-Bildschirmen in den Fahrzeugen konstant angezeigt werden.
Dies ist eine wunderbare Errungenschaft und gestaltet jede noch so langwierige Busfahrt - was auch für kurze Distanzen mehr die Regel als die Ausnahme darstellt - zu einem abwechslungsreichen Vergnügen. So wollte ich schon immer wissen, dass mein Nachbar hinter mir gerade in der Nase bohrt.
Leider ist den Herren auf der Chefetage dabei entgangen, dass ein so mächtiges System wie ein Bildschirm zu ganz anderen Dingen fähig wäre: Zum Beispiel die Anzeige der Route, der nächsten Haltestellen oder gar der Umsteigemöglichkeiten. Diese grundlegenden und entscheidenden Informationen werden dem ahnungslosen Fahrgast in einer der flächenmässig grössten Städte der Welt bisher vorenthalten. So sind die Routen mit den Haltestellen weder in den Bussen noch an den Haltestellen selber veröffentlicht. Diese streng vertraulichen Informationen sind nur dem geübten und erfahrenen Internetbenutzer zugänglich. Ob die Sydney Busses für das anhaltende spurlose Verschwinden ganzer Touristengruppen verantwortlich gemacht werden können, ist noch in Abklärung.

Dass es in Sachen Informationspolitik auch anders geht, zeigt folgendes Beispiel. Es ist geradezu lobenswert, wie man versucht, wichtige Warnhinweise im Fahrzeug möglichst effizient und weitflächig zu verteilen, damit diese auch auf dem hintersten (Steh-) Platz jederzeit ersichtlich sind und der Fahrgast jederzeit informiert ist.

Das letzte Beispiel zeigt, wie dass es die Sydney Busses geschafft haben, auch die hartgesottensten ÖV-Benutzer zu verderben. An dieser Haltestelle kann man ungewollt dem Tod durch übermässiges Warten ereilen: Obwohl die Konstruktion gut gemeint ist und den wartenden Passagier hervorragend vor dem Lärm des Verkehrs schützt, läuft man hier Gefahr, dass man die ohnehin selten und meist zu spät kommenden Busse durch das verkehrte Sitzen jedes Mal übersieht. Besonders fies ist natürlich, dass in Sydney die Busse nur stoppen, wenn man dies durch klare Armbewegung signalisiert. Die Spiegeleigenschaft des Glases sowie schlechte Wetterbedingungen oder Dunkelheit verunmöglichen es dem Buschauffeur nicht selten, das Signal zu sehen. Spätestens nach dem 3. verpassten Bus entscheidet hier jeder vernünftige Mensch mit einem gesunden Überlebensinstinkt, baldigst ein eigenes Gefährt zu erwerben.